umlaut Ann Christin Wendeln

Porträt

Mit Auftrieb nach dem Quereinstieg

Abi mit 15, Managerin mit 27: Ann-Christin Wendeln ist auf Höhenkurs. Vor dem Aufstieg musste sie aber erstmal 4500 Meter in die Tiefe stürzen.

Manchmal muss man fallen, um über sich hinauszuwachsen. So hat es umlaut-Projektmanagerin Ann-Christin Wendeln erlebt. Es ist ein sonniger, heißer Tag im Frühjahr 2014, als sie mit Fallschirm am Rücken in einen Helikopter steigt und nicht recht weiß, ob sie jetzt weinen oder lachen soll. In wenigen Minuten wird sie sich aus 4500 Metern Höhe in die Tiefe stürzen. Oben angekommen, schlägt ihr das Herz bis zum Hals. Was, wenn sich der Fallschirm nicht öffnet? Wenn das das Letzte ist, was sie tut? Sie schiebt die Gedanken beiseite, robbt zur Tür, schließt die Augen – und springt.

“Das war gleichzeitig das Beste und Schlimmste, was ich je gemacht hab“, sagt Ann-Christin heute, sechs Jahre später. Damals ist sie 21, gerade in Australien – und der Fallschirmsprung eine Mutprobe. Seitdem ist viel passiert, doch der Tag begleitet sie noch immer. Er teilt ihr Leben in ein Früher und ein Heute. Früher, sagt Ann-Christin, war sie ängstlicher, ging lieber kein Risiko ein. “Seit dem Sprung glaube ich, dass mir nichts mehr passieren kann. Egal was kommt, ich bin für jede Herausforderung gewappnet.”

Herausforderungen meistern, sich reinwerfen ins Ungewisse, den Überblick behalten: Das macht Ann-Christin auch als Projektmanagerin bei umlaut. Dort ist sie Teil des Teams “Testing and Validation”, spezialisiert auf Infotainmentsysteme in Fahrzeugen. Dazu zählen zum Beispiel integrierte Navigations- und Spracherkennungssysteme. Diese entwickeln sich ständig weiter, werden komplexer, vernetzter. Kunden erwarten, dass die Produkte beim Kauf ihres Fahrzeugs fehlerfrei funktionieren. Damit das klappt, setzt umlaut auf ein umfangreiches Assessment.

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Ann-Christin Wendeln ist Teil des Teams "Testing and Validation", das sich auf Infotainmentsysteme in Fahrzeugen spezialisiert hat

Zwischen Alzheimerforschung und Automobilindustrie

Besuch in der Testzentrale in Böblingen, ein helles Büro mit Glasfront. Ann-Christin, sitzt an einem Schreibtisch, vor ihr zwei Monitore mit geöffneten Mail-Fenstern. Ein Telefon, Notizblöcke, Tee. Wie ihr Tag heute aussehen wird? „Wäre schön, wenn ich das wüsste“, sagt sie und lacht. „Egal, was ich geplant habe – es kommt eigentlich immer eine Überraschung um die Ecke.“ Als Projektmanagerin ist Ann-Christin die Krake im Team. Mit ihren Fangarmen hält sie die Fäden zusammen, behält den Überblick, kommuniziert in alle Richtungen. Mal ist sie dabei Problemlöserin, mal Starthilfe, mal löscht sie was grad brennt. Immer ist sie voll dabei.

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Die Krake im Team und zu 100% bei der Sache


An die Arbeit im Büro musste sie sich erstmal gewöhnen – denn eigentlich ist Ann-Christin Biologin. Bevor sie 2018 bei umlaut begann, promovierte sie in Biomedizin. Ihr Weg schien praktisch vorgezeichnet: Einser-Abitur mit 15 – und damit drei Jahre schneller als die meisten – Promotion mit 25. Am Tübinger Hertie-Institut für klinische Hirnforschung experimentierte sie mit genveränderten Mäusen. Die Ergebnisse sollten helfen, Medikamente gegen Alzheimer zu finden. Dafür bekam sie Preise und Stipendien, in der Forschung ging es für sie gut voran – bis sie das Labor gegen einen Schreibtisch tauschte und die Alzheimerforschung gegen die Automobilindustrie.

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Ann-Christin Wendeln: Promotion mit 25

„Einmal Dorf, immer Dorf“

Auf den ersten Blick eine Entscheidung für die Work-Life-Balance: Um weiter in der Forschung zu arbeiten, hätte sie ins Ausland gehen müssen, wie sie sagt. Ein Schritt, der für sie nicht infrage kam. Ihr Zuhause ist ein “kleines Dörfchen”, 35 Autominuten vom Büro entfernt, wo sie mit ihrem Partner lebt und in der Freizeit bouldern geht. Eine Gemeinde südlich von Tübingen, Einfamilienhäuser, weiter Blick in die Landschaft. Irgendwo dort, im Vorland der Schwäbischen Alb, wird auch sie bald ein Haus bauen. Ein Leben in der Stadt kann sich Ann-Christin nicht vorstellen. Sie kommt vom Dorf, “das steckt wohl irgendwie in meiner DNA.”

Die Verbindung zu umlaut war da ein glücklicher Zufall, sagt Ann-Christin. In ihrem Team ist das nicht weiter ungewöhnlich, viele wagen den Quereinstieg. Eine Kollegin, auch gelernte Biologin, erzählte ihr von umlaut, als sie grad am Ende ihrer Promotion stand. “Sie hat total geschwärmt. Ich habe lange nachgedacht, ob das etwas für mich sein kann. Dann dachte ich: Den Sprung wagst du jetzt auch.“ Heute, zwei Jahre später, fühlt sich Ann-Christin noch immer als Forscherin, „aber auf einem anderen Gebiet“. Als Projektleiterin schaut sie in die Köpfe von Kunden und Mitarbeitern. Sie liest Wünsche ab, strukturiert, organisiert. Ihren Job bei umlaut nennt sie “ein geglücktes Experiment”.

Ein Weg, der nicht vorgezeichnet ist

Als sie im Oktober 2018 ins Unternehmen kam, testete sie die Infotainmentsysteme noch selbst, analysierte Fehler, dokumentierte. Für eine Zeit war das okay, sagt sie. Aber auf Dauer wusste sie, dass sie das nicht zufriedenstellt. „Ich brauche immer neuen Input, ansonsten werde ich schnell unzufrieden.“ Gemeinsam mit ihrem Mentor schaute sie, wo ihre Stärken liegen, wohin der Weg geht, woran sie Freude hat. Heute leitet Ann-Christin ein Team aus 15 Menschen. Statt für ein Forschungsprojekt übernimmt sie als Managerin Verantwortung für andere. Dabei, sagt sie, lernt sie sich täglich besser kennen. „Ich bin jetzt zum Beispiel viel spontaner, weil ich permanent auf Situationen reagieren und umplanen muss.“ Ständig etwas Neues: Das ist genau das, was sie will.

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Als Mitglied des neu gegründeten Employee Board wird Ann-Christin nun für die Interessen und Wünsche der Mitarbeiter eintreten



Einen Weg, der nicht vorgezeichnet, ist – den wünscht sie sich auch für andere. Deshalb ist Ann-Christin auch Teil des neu gegründeten Employee Boards. Das ist ein internationales Gremium, eine Art umlaut-Sprachrohr für die Interessen und Wünsche der Mitarbeiter. Der Weg ins Gremium: Eine Bewerbung und eine offizielle Wahl. Anfangs, sagt Ann-Christin, hatte sie Zweifel. „Ich habe mich gefragt: Wird mich hier wirklich jemand wählen? Mich, die Junge, Neue, Unerfahrene?“ Der nächste Sprung, der nächste Erfolg – bei der Wahl erhielt sie die meisten Stimmen. Ein Glück, dass sie die Angst in Australien gelassen hat.

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