ICE Bahnhof

Interview

Bahn digital: "Infrastruktur stärken für mehr Kundenzufriedenheit"

Die Bahn ist ein Verkehrsträger der Zukunft – wenn sie sich jetzt digitale Innovationen zutraut. umlaut-Experte Markus Jordans weist den Weg.

Die Bahn fährt – auch in Zeiten der Corona-Krise. Trotzdem muss sich der Konzern immer wieder kritischen Fragen stellen, zu Pünktlichkeit, Leistungsfähigkeit und Modernisierungsstau. Sieht so ein Mobilitätsanbieter der Zukunft aus?

Dass die Bahn in der Corona-Krise ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellt, zeigt für mich, was für ein essenzieller Bestandteil unserer Mobilitätslandschaft sie ist. Mich interessiert hier aber eher der langfristige Trend: Dass Menschen nachhaltiger Leben wollen, ihren persönlichen CO2-Fußabdruck verringern – und deshalb auf die Bahn als bevorzugtes Transportmittel umsteigen. Dieser Entwicklung helfen auch die Klimaschutz-Impulse auf europäischer Ebene. Erst vor kurzem wurde der „European Green Deal“ angekündigt, ein Programm mit dem ehrgeizigen Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2050 komplett zu eliminieren. Hier kann die Bahn als verhältnismäßig umweltfreundliches Verkehrsmittel einen wichtigen Beitrag leisten – sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr.


Welche Veränderungen sind dazu notwendig?

Das Schienennetz kommt an die Kapazitätsgrenze. Kleinste Störungen haben weitreichende Verzögerungen im Betriebsablauf zur Folge. Für die Fahrgäste zeigt sich das in Verspätungen, Ausfällen und teils überfüllten Zügen. Auch die Effizienz des Güterverkehrs leidet darunter. Investitionen in neue Infrastruktur sind dringend notwendig, aber auch die Digitalisierung der Schiene kann dabei helfen, die vorhandenen Ressourcen optimal auszunutzen. Eine digitalisierte und intelligente Steuerung des Betriebs erlaubt kürzere Abstände zwischen den Zügen und ebnet den Weg für einen hohen Grad an Automatisierung – bis hin zum vollautomatisierten Fahrbetrieb ohne Zugführer.


Was sind denn die Herausforderungen bei Automatisierung und Digitalisierung?

Es geht hier um eine Reihe von Techniken: Digitale Stellwerke, Sensoren, neue Videotechnik, die es zum Beispiel möglich machen, auch bei hohen Geschwindigkeiten mögliche Hindernisse auf der Stecke zu erkennen. Für diese Systeme müssen viele Daten gleichzeitig übertragen und ausgewertet werden. Was derzeit aber fehlt, ist breitbandige und zuverlässige Connectivity - ein Zugangsnetz, das alle diese Informationen auch schnell dahin transportiert wo sie hinmüssen. Das derzeit dafür genutzte System basiert noch auf einem Standard, der vor mehr als dreißig Jahren entwickelt wurde. Dieses Netz mit dem Namen GSM-R ist schlicht nicht in der Lage große Datenmengen zu übertragen, die eine vollständige Digitalisierung erfordert.


Wie kann man das lösen?

Mit den neuen 5G-Netzen und dem darauf aufbauendem Übertragungssystem für die Bahnunternehmen, dem Future Railway Mobile Communication System – kurz FRMCS. Damit wird es möglich, sehr großen Datenmengen zuverlässig zu übertragen. Die ersten kommerziellen 5G-Netze gehen gerade in Betrieb. Ob die Bahn eine eigene Infrastruktur aufbaut oder Kooperationen mit Mobilfunkbetreibern möglich sind, ist noch nicht final geklärt. Was aber auf jeden Fall für die Bahn wichtig ist: Es bedarf einer sorgfältigen Netzplanung und eines ebenso sorgfältigen Ausbaus entlang der Bahnstrecken, um die Möglichkeiten, die 5G bietet, auch für die Bahn vollumfänglich nutzen zu können. Insbesondere in diesem Umfeld können wir als umlaut durch unsere jahrelange Erfahrung im Mobilfunk- und Bahnumfeld helfen.


Sind denn mit der Einschaltung eines 5G-Netzes alle Probleme gelöst?

Der Umstieg von der alten auf die neue Technologie bedarf einer sehr ausgeklügelten Einführungsstrategie. Denn es gilt ja nicht nur neue Anwendungen einzuschalten, sondern auch die schon bestehenden Anwendungen zu überführen, die schon heute betriebs- und sicherheitskritisch sind. Dabei darf es nicht zu zusätzlichen Störungen kommen. Das Ganze ist sehr komplex und sowohl eine gute Vorbereitung als auch eine gute Steuerung in der Umsetzung sind unabdingbar. Das betrifft die Einführung der Technik, aber auch die Implementierung neuer Abläufe in die bestehenden Organisationen der Bahn. Dieser Prozess wird in den nächsten Jahren massiv den Modernisierungsprozess der Schiene begleiten.


Markus Jordans ist Geschäftsführer der umlaut solutions GmbH. Er und sein Team haben die Deutsche Bahn in zahlreichen Projekten zur Digitalisierung von Zügen und Infrastruktur begleitet. Der Ansatz: Digital denken, end-to-end umsetzen

MARKUS JORDANS

Markus Jordans

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